Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für die Übersendung des o.a. Referentenentwurfs.
Entgegen der im Koalitionsvertrag selbstgesteckten Zielstellung, grundsätzlich zu herkömmlichen Gesetzgebungsverfahren mit auskömmlichen Fristen zurückzukehren, soll dieses kritische Gesetz nun im Eiltempo beschlossen werden. So ist die Stellungnahmefrist mit Dienstag, 10.06.2025, 13 Uhr sehr knapp bemessen, zumal auch noch ein Wochenende und ein Feiertag dazwischen liegen.
Darüber hinaus deutet die Ausweisung als "Formulierungshilfe" darauf hin, dass der Entwurf aus der Mitte des Bundestages eingebracht werden wird, sodass ein erster Durchgang im Bundesrat entfallen würde. Es wird also kaum Möglichkeiten geben, Einfluss auf die Ausgestaltung des Gesetzes zu nehmen. Dies läuft leider einer konstruktiven Zusammenarbeit entgegen.
§ 246e
Mit Sorge treiben uns bereits die vielen Änderungen des Baugesetzbuches in den letzten Jahren um, die eine Anwendbarkeit des Gesetzes zunehmend erschwert haben. Nunmehr wird erneut mit Ihrem Schreiben vom 04.06.2025 ein Änderungsentwurf vorgelegt. Dieser beinhaltet insbesondere die Einführung des umstrittenen § 246e. Mit dieser Änderung werden, wenn auch temporär, elementare Grundsätze des Baugesetzbuches außer Kraft gesetzt. Wir bedauern, dass statt einer grundsätzlichen Verbesserung der Anwendbarkeit des BauGB nun eine Umgehung seiner Grundzüge vorgeschlagen wird. Insbesondere entstünde durch eine Einführung des § 246e BauGB ein Genehmigungsrecht ohne Bezug auf vorhandenes Planungsrecht. Das Abwägungsgebot, das auch durch Rechtsprechung immer wieder bestätigte und kodifizierte Herzstück der Bauleitplanung mit weitreichender Bedeutung für Schutz- und Eigentumsrechte, soll umgangen werden. In diesem Umfang Erleichterungen auch für den unbeplanten Außenbereich vorzusehen, setzt elementare Prinzipien der Bauleitplanung außer Kraft und steht den Zielen der Innenentwicklung und Reduzierung weiterer Flächeninanspruchnahme entgegen.
Wir bitten daher den § 246e im BauGB-E komplett zu streichen.
Wir teilen dabei den Unmut, der von einer großen Anzahl von Fachorganisationen über diese Gesetzesergänzung vorgetragen wird. Sollte es zu einem Privileg durch den §246e BauGB-E kommen, sollte zumindest der Außenbereich ausgeklammert werden und die Abweichungsmöglichkeit mit Nebenbestimmung gegeben sein, in der angeordnet wird, dass die Auflagen für geförderten sozialen Wohnungsbau (gem. § 9 Abs. 1 Nr. 7 a) oder nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 b) BauGB) erfüllt werden und erforderliche Wohnfolgeeinrichtungen, zum Beispiel Kindertagesstätten, errichtet werden.
§ 36a
Die neue im § 36a BauGB-E konkretisierende Regelung zu den Abweichungs- und Befreiungsregelungen in §§ 31 Abs. 3, 34 Abs. 3a, 246e BauGB-E mit einer erforderlichen gemeindlichen Zustimmung wird – trotz grundlegender Ablehnung des § 246e BauGB-E – im Ansatz begrüßt. Dennoch bleiben Fragen zur praktischen Umsetzung offen. So ist unklar, woraus sich die für die Entscheidung zentralen "Vorstellungen zur städtebaulichen Entwicklung und Ordnung" ergeben sollen und welcher Gestalt diese für eine Ablehnung oder Erteilung der Zustimmung (gemeindlicher Grundlagenbeschluss? städtebauliche Konzepte? Flächennutzungsplan?) sein müssen. Zu begrüßen, ist die normative Klarstellung, dass die Zustimmung auch unter der Bedingung erteilt werden kann, dass der Vorhabenträger bestimmte städtebauliche Anforderungen erfüllt. Um dem dringenden Wohnbedarf gerecht zu werden, sollte zur Klarstellung folgender Satz nach Satz 3 eingefügt werden: Zu § 36a (1): „ … dass der Vorhabenträger sich verpflichtet, bestimmte städtebauliche Anforderungen einzuhalten. Dies gilt insbesondere für sozial geförderten Wohnungsbau und soziale Infrastruktur. ….“ Auch erschließt sich nicht, ob und wie die Ergebnisse der – ohnehin lediglich optionalen – Beteiligung von Öffentlichkeit und öffentlicher Belange (§ 36a Abs. 2 BauGB-E) im Rahmen der Zustimmungsentscheidung Berücksichtigung finden sollen und können. Hierzu bedarf es einer Klarstellung, um blockierenden Gerichtsentscheidungen vorzubeugen.
§ 201 a
Aufgrund ihres besonderen Ausnahmecharakters vom klassischen Bauplanungsrecht ist unbedingt eine Koppelung der § 31 (3), § 34 (3a) und des "Bau-Turbo" § 246e BauGB-E an den mittels Verordnung nach § 201a BauGB bestimmten angespannten Wohnungsmärkten erforderlich. Wir fordern, diese wie folgt entsprechend zu belassen (§31 (3)) bzw. aufzunehmen: Zu § 201 a: „ … Die Rechtsverordnung nach Satz 1 gilt für die Anwendung der Regelungen in § 25 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3, § 31 Abs. 3, § 34 Abs. 3a und § 246e,175 Abs. 2 Satz 2 und § 176 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3. …“ Insbesondere da die Regelung in § 246a Abs. 3 BauGB-E auch die Anwendung im Außenbereich eröffnet, ist eine Koppelung an die Verordnung zum angespannten Wohnungsmarkt zwingend. Im Übrigen wird die Verlängerung der mit dem Baulandmobilisierungsgesetz geschaffenen Verordnungsermächtigung in §§ 201a, 250 BauGB von uns begrüßt.
Die DASL ist sehr an einem gemeinsamen konstruktiven Dialog interessiert, um das Baugesetzbuch mit den erforderlichen Regelungen, insbesondere bezüglich seiner Anwendungstauglichkeit zu stabilisieren. Unser Baugesetzbuch ist ein hoher Garant für Demokratie im räumlichen Miteinander. Wie bereits in vorangegangenen Schreiben dargestellt, halten wir eine grundsätzliche Betrachtung des Baugesetzbuches, um seine Zukunftsfähigkeit im Sinne einer Klarheit und Vereinfachung zu sichern, für erforderlich und würden anregen, hierzu ein entsprechendes Verfahren (z.B. Forschungsauftrag, Gutachten, Expert:innengremium) einzuleiten. Gerne stehen Ihnen dafür die Institute und Expert:innen der DASL begleitend zur Verfügung.
Gerade der große Fundus an Praxiserfahrung durch diejenigen, die in den Kommunen im Einvernehmen mit gewählten Kommunalvertreter:innen und den Bürger:innen das Planungsrecht umsetzen, sollte dabei genutzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Thomas
Präsidentin DASL