Die DASL wendet sich an die Vorsitzenden und Bundestagsabgeordnete im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des Deutschen Bundestages mit der Bitte, bei ihrer Bewertung die Stellungnahme der DASL zur Kabinettsfassung des Gesetzes zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung zu berücksichtigen.
Die hier Stellung nehmende Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) existiert über 100 Jahre und versammelt berufene Persönlichkeiten, die sich mit Ihrer Expertise aus verschiedenen Fachrichtungen und Rollen der Entwicklung und Gestaltung unserer Städte in besonderer Weise widmen. Insbesondere sind in der DASL die Stadtbauräte:innen der Kommunen, leitende Persönlichkeiten aus den unterschiedlichen Regierungsebenen, Vertreter:innen der Wissenschaft und weitere Expert:innen, die sich in der räumlichen Planung und Gestaltung ausgezeichnet haben, vertreten. Zu ihrem 100jährigen Bestehen (2022) hat die DASL ihre Berliner Erklärung vorgelegt und sich aufgrund der ökonomischen und ökologischen aktuell grundlegenden Veränderungen selbst dazu verpflichtet, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass sich die Art und Weise, wie wir produzieren, wohnen, uns bewegen und konsumieren ändert.
Mit ihren nachgelagerten Instituten trägt die DASL zu einer qualifizierten Ausbildung, u. a. im Rahmen der 2. Staatsprüfung für die planerischen und technischen Berufe, bei. Aufgrund des Fachkräftemangels in den Verwaltungen hat sie besondere Qualifizierungsmodule entwickelt, um diesem entgegen zu wirken.
Fazit: Die DASL plädiert für eine kritische Überprüfung und Verbesserung des Gesetzentwurfs, insbesondere um die Planungsgrundsätze zu schützen, die Anwendung zu erleichtern und bezahlbaren Wohnraum nachhaltig zu sichern. Sie setzt sich für einen dialogorientierten Ansatz ein, um das Baugesetzbuch klarer und praxisnaßer zu gestalten.
Sehr geehrte Vorsitzende,
sehr geehrte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des Deutschen Bundestages,
§ 246e
Mit Sorge treiben uns bereits die vielen Änderungen des Baugesetzbuches in den letzten Jahren um, die eine Anwendbarkeit des Gesetzes zunehmend erschwert haben.
Nunmehr wird erneut ein Änderungsentwurf vorgelegt. Dieser beinhaltet insbesondere die Einführung des umstrittenen § 246e. Mit dieser Änderung werden, wenn auch temporär, elementare Grundsätze des Baugesetzbuches außer Kraft gesetzt. Wir bedauern, dass statt einer grundsätzlichen Verbesserung der Anwendbarkeit des BauGB nun eine Umgehung seiner Grundzüge vorgeschlagen wird.
Insbesondere entstünde durch eine Einführung des § 246e BauGB ein Genehmigungsrecht ohne Bezug auf vorhandenes Planungsrecht. Das Abwägungsgebot, das auch durch Rechtsprechung immer wieder bestätigte und kodifizierte Herzstück der Bauleitplanung mit weitreichender Bedeutung für Schutz- und Eigentumsrechte, soll umgangen werden.
In diesem Umfang Erleichterungen auch für den unbeplanten Außenbereich vorzusehen, setzt elementare Prinzipien der Bauleitplanung außer Kraft und steht den Zielen der Innenentwicklung und Reduzierung weiterer Flächeninanspruchnahme entgegen.
Wir bitten daher den § 246e im BauGB-E komplett zu streichen.
Wir teilen dabei den Unmut, der von einer großen Anzahl von Fachorganisationen über diese Gesetzesergänzung vorgetragen wird.
Sollte es zu einem Privileg durch den §246e BauGB-E kommen, sollte zumindest der Außenbereich ausgeklammert werden und die Abweichungsmöglichkeit mit Nebenbestimmung gegeben sein, in der angeordnet wird, dass die Auflagen für geförderten sozialen Wohnungsbau (gem. § 9 Abs. 1 Nr. 7 a) oder nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 b) BauGB) erfüllt werden und erforderliche Wohnfolgeeinrichtungen, zum Beispiel Kindertagesstätten, errichtet werden.
Gravierend ist über den uns zur Stellungnahme vorgelegten Referentenentwurf hinaus, dass nun auch das Anwenderfordernis ab 6 Wohneinheiten entfallen ist. Da das Gesetz dafür ausgelegt sein soll, dass die Wohnraumversorgung in prekären Gebieten Wirkung zeigt und diese gerade in den Verdichtungsräumen liegen, sollten diese Flächen auch entsprechend dicht bebaut werden müssen. Eine Rückkehr zum Referentenentwurf, um im Sinne des bezahlbaren Wohnens gezielt Angebote für Mehrfamilienhäuser und Mietwohnungen zu schaffen, ist dringend erforderlich.
Da die Regelung in § 246a Abs. 3 BauGB-E auch die Anwendung im Außenbereich eröffnet, ist insbesondere eine Koppelung an die Verordnung zum angespannten Wohnungsmarkt unverzichtbar.
§ 36a
Die neue im § 36a BauGB-E konkretisierende Regelung zu den Abweichungs- und Befreiungsregelungen in §§ 31 Abs. 3, 34 Abs. 3a, 246e BauGB-E mit einer erforderlichen gemeindlichen Zustimmung wird - trotz grundlegender Ablehnung des § 246e BauGB-E - im Ansatz begrüßt. Dennoch bleiben Fragen zur praktischen Umsetzung offen. So ist unklar, woraus sich die für die Entscheidung zentralen "Vorstellungen zur städtebaulichen Entwicklung und Ordnung" ergeben sollen und welcher Gestalt diese für eine Ablehnung oder Erteilung der Zustimmung (gemeindlicher Grundlagenbeschluss? städtebauliche Konzepte? Flächennutzungsplan?) sein müssen.
Zu begrüßen ist die normative Klarstellung, dass die Zustimmung auch unter der Bedingung erteilt werden kann, dass der Vorhabenträger bestimmte städtebauliche Anforderungen erfüllt.
Um dem dringenden Wohnbedarf gerecht zu werden, sollte zur Klarstellung folgender Satz nach Satz 3 eingefügt werden:
Zu § 36a (1): „ … dass der Vorhabenträger sich verpflichtet, bestimmte städtebauliche Anforderungen einzuhalten. Dies gilt insbesondere für sozial geförderten Wohnungsbau und soziale Infrastruktur. ….“
Auch erschließt sich nicht, ob und wie die Ergebnisse der - ohnehin lediglich optionalen - Beteiligung von Öffentlichkeit und öffentlicher Belange (§ 36a Abs. 2 BauGB-E) im Rahmen der Zustimmungsentscheidung Berücksichtigung finden sollen und können. Hierzu bedarf es einer Klarstellung, um blockierenden Gerichtsentscheidungen vorzubeugen.
§ 201 a
Aufgrund ihres besonderen Ausnahmecharakters vom klassischen Bauplanungsrecht ist unbedingt eine Koppelung der § 31 (3), § 34 (3a) und des "Bau-Turbo" § 246e BauGB-E an den mittels Verordnung nach § 201a BauGB bestimmten angespannten Wohnungsmärkten erforderlich. Wir fordern, diese wie folgt entsprechend zu belassen (§31 (3)) bzw. aufzunehmen:
Zu § 201 a: „… Die Rechtsverordnung nach Satz 1 gilt für die Anwendung der Regelungen in § 25 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3, § 31 Abs. 3, § 34 Abs. 3a und § 246e, 175 Abs. 2 Satz 2 und § 176 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3. …“
Im Übrigen wird die Verlängerung der mit dem Baulandmobilisierungsgesetz geschaffenen Verordnungsermächtigung in §§ 201a, 250 BauGB von uns begrüßt.
Hinweisen möchten wir darauf, dass die von allen Seiten gewünschte Innenentwicklung mit ihren enormen Potentialen, durch praxisorientierte Unterstützung bei den Abwägungsmöglichkeiten im Baurecht unbedingt gestärkt werden muss. Die Immissionsgrenzen im Lärm- wie im Geruchsbereich sind dafür zu einengend und bieten keine Interpretationsspielräume. Die Neuformulierung im § 216 a mit der Reduzierung auf begründete Einzelfälle und ohne Bezug auf die Geruchsimmissionen wird den Kommunen nicht ausreichend weiterhelfen.
Die DASL ist sehr an einem gemeinsamen konstruktiven Dialog interessiert, um das Baugesetzbuch mit den erforderlichen Regelungen, insbesondere bezüglich seiner Anwendungstauglichkeit zu stabilisieren. Unser Baugesetzbuch ist ein hoher Garant für Demokratie im räumlichen Miteinander. Wir halten eine grundsätzliche Betrachtung des Baugesetzbuches, um seine Zukunftsfähigkeit im Sinne einer Klarheit und Vereinfachung zu sichern, für erforderlich und regen an, hierzu ein entsprechendes Verfahren (z.B. Forschungsauftrag, Gutachten, Expert:innengremium) einzuleiten. Gerne stehen Ihnen dafür die Institute und Expert:innen der DASL begleitend zur Verfügung.
Gerade der große Fundus an Praxiserfahrung durch diejenigen, die in den Kommunen im Einvernehmen mit gewählten Kommunalvertreter:innen und den Bürger:innen tagtäglich das Planungsrecht umsetzen, sollte dabei genutzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Thomas
Präsidentin